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Die Bibliothek von Gustav, Mathilde und Melanie von Mevissen

Gustav von Mevissen und zwei seiner fünf Töchter,  Mathilde und Melanie, schenkten ihre Bibliotheken der Stadt Köln. Bei der Büchersammlung von Gustav von Mevissen handelt es sich um eine bedeutende Bibliothek von ca. 15.000 Bänden zur Wirtschafts- und Sozial- und Technikgeschichte sowie Geschichte, Kunst und Philosophie. Bei rund 15 % des Bestandes handelt es sich um belletristische Titel. Der Großindustrielle betrieb zeitlebens den Ausbau seiner Sammlungen, wozu neben der Bibliothek auch eine Kunst- und Medaillensammlung (heute im Wallraf-Richartz-Museum) gehörte. Seine Bücher wurden mit einem auffälligen Besitzstempel gekennzeichnet. Das Wappen wird von den Schriftzügen "G. Mevissen in Cöln" und "Es werde Licht!" eingerahmt. Die Bibliothek Gustav von Mevissens ist in den Jahren 1900 bis 1902 in die bestehende Aufstellungssystematik der damaligen Stadtbibliothek eingearbeitet worden. Kurz vor ihrem Tod stiftete Mathilde von Mevissen die Büchersammlung der Schwestern sowie Reste der väterlichen Sammlung der Universität. 1925 wurden daher weitere 1.380 Bände der Familie von Mevissen der USB Köln übergeben. Porträts aus der Sammlung der Familie von Mevissen finden Sie in der Portraitsammlung der USB.

Die Familie Mevissen in der Kölner Sammlung von Zeitungsausschnitten 1840 - 1969

Gustav von Mevissen, Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_205378

Gustav von Mevissen (1815 - 1899)

Gustav von Mevissen wurde am 20. Mai 1815 in Dülken am Niederrhein geboren. Dort betrieb die Familie eine Garnfabrikation und einen Garngroßhandel. 1840 zog Mevissen nach Köln, wo er gemeinsam mit einem Freund ebenfalls als Textilgroßhändler tätig wurde. Drei Jahre später gründete der erfolgreiche Kaufmann die Kölnische Rückversicherungs-Gesellschaft, 1847 den Kölner Bergwerksverein. Mevissen zählte alsbald zu den typischen Vertretern des rheinischen Liberalismus. Bereits als Jungunternehmer beteiligte und engagierte er sich äußerst erfolgreich als Gründer und Investor verschiedenster Unternehmungen. Dazu gehörten die Gründung und Beteiligungen an Versicherungen und Banken, Textil-, Eisenbahn- und Schifffahrtsgesellschaften, Bergwerken und Aktiengesellschaften. Die Rheinische Eisenbahngesellschaft wählte den erst 29-Jährigen 1844 zu ihrem Präsidenten. Er hatte dieses Amt bis zur Verstaatlichung der Eisenbahn im Jahr 1880 inne.Gemeinsam mit Georg Jung und Dagobert von Oppenheim gehörte er 1842 zu den Gründern und Mitarbeitern der "Rheinischen Zeitung". Die Redaktion wurde später Karl Marx übertragen. Ein Jahr später wurde das Blatt durch die Preußische Regierung verboten. Das hielt Mevissen jedoch nicht davon ab, sein politisches Engagement zu steigern. 1846 gehörte er dem Rheinischen Provinziallandtag, 1847 dem Vereinigten Landtag Preußens an. Als Abgeordneter des Wahlkreises Sayn-Wittgenstein wurde er 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, aus der er im Mai 1849 wieder austrat. In den 1860er Jahren gehörte Mevissen dem Preußischen Herrenhaus an. 1884 berief ihn der Kaiser in den Preußischen Staatsrat und erhob ihn wenige Monate später in den Adelsstand. Die Universität Bonn verlieh ihm den Ehrendoktortitel. Zwei Jahre vor seinem Tod wurde Gustav von Mevissen mit der Ehrenbürgerwürde der Stadt Köln ausgezeichnet.

Mathilde von Mevissen, Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_630749

Mathilde von Mevissen (1848 - 1924)

Mathilde von Mevissen war die zweitälteste der fünf Mevissen-Töchter. Wie im 19. Jahrhundert üblich, erhielten die Mädchen keine fundierte Ausbildung. Der Besuch einer Schule wurde durch Hauslehrer ersetzt. "In jeglichem Wissen bin ich Homöopath - habe stets nur die allerkleinsten Dosen genommen"¹, schrieb sie Jahre später. Sie fand Mittel und Wege, sich heimlich Bücher aus der reichen, aber den Kindern verbotenen Bibliothek des Vaters zu beschaffen, um ihren Wissensdurst zu stillen. Als Erwachsene engagierte sie sich für die Rechte der Frauen (Frauenwahlrecht) und insbesondere für die Ausbildung und Förderung von Mädchen ein. Sie war Mitbegründerin des 1894 gegründeten Kölner Frauenfortbildungsvereins. Ihrem Einsatz und ihrer finanziellen Förderung war es zu verdanken, dass 1903 in Köln ein Mädchengymnasium - das erste in Preußen - eröffnet wurde. Als verdiente Person der Stadtgeschichte ehrt die Stadt Köln das Andenken an Mathilde von Mevissen durch eine Skulptur im Figurenprogramm des Rathausturms. Der in der USB vorhandene Nachlass Mathilde von Mevissens ist in Kalliope verzeichnet.

¹"Da ich unglücklich war und wohl etwas unterdrückt - Mathilde von Mevissen und die Mädchenbildung"
in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins ; volume 75, issue 1, page 87-142 ; ISSN 0341-9320 2198-0675, (2004)

 

Exlibris von Melanie von Mevissen, Foto: USB Köln

Melanie von Mevissen (1853 - 1923)

Zeitlebens wirtschaftlich unabhängig bewohnte Melanie von Mevissen mit ihrer gleichfalls unverheirateten Schwester Mathilde die elterliche Villa in der Kölner Zeughausstraße 2a. Die Schwestern engagierten sich in sozialen und karitativen Projekten. Im Ersten Weltkrieg stifteten sie einen Lazarettzug. Melanie starb 1923, Mathilde von Mevissen kurz danach im Jahr 1924. Die Bücher von Mathilde und Melanie von Mevissen sind jeweils am eingeklebten Exlibris zu erkennen.

Literatur: