Gymnasialbibliothek - Bücherschätze aus verschollenen Klosterbibliotheken
Die heutige Gymnasialbibliothek ist in der Zeit der französischen Besatzung Kölns (1794-1814) entstanden. Ihre Bestände stammen aus verschiedenen säkularisierten Klöstern und aus den drei alten Kölner Gymnasien Tricoronatum, Laurentinum und Montanum. Den Grundstock bildete die Bibliothek des Tricoronatums, deren Ursprung in das Jahr 1450 zurückreicht. Als sich im Jahr 1544 die Jesuiten in Köln niederließen, wurde aus dem Gymnasium ein Jesuitenkolleg. Die Bestände dieser Kollegbibliothek stellen heute den größten Teil der Gymnasialbibliothek dar. Die Büchersammlung wuchs in der Folgezeit durch Nachlässe und Geldzuwendungen Kölner Bürger und Verleger. Der Hauptbestand der im 18. Jahrhundert auf vier Teilbibliotheken aufgeteilten Bücher umfasste 1725 rund 6.500 Bände. Bedingt durch die vorrangig jesuitische Ausrichtung dominieren theologische und philosophische Werke. Darüber hinaus ist eine Fülle von zum Teil seltenen und wertvollen Werken aus den unterschiedlichsten Disziplinen vorhanden. Während der französischen Annexion wurde die Gymnasialbibliothek gezielt nach Kostbarkeiten durchsucht. Welche Objekte beschlagnahmt wurden, konnte später kaum mehr ermittelt werden, da eine Inventarisierung verboten worden war. Die Bibliothek war insofern besonders der Plünderung ausgesetzt, da sie die erste große Büchersammlung war, die den französischen Revolutionstruppen in die Hände fiel.
Buchbestände und Handschriften aus sechs Jahrhunderten
Buchbestände und Handschriften aus sechs Jahrhunderten
Der Buchbestand der Artistenfakultät der alten Kölner Universität war nach deren Auflösung 1577 auf die drei Kölner Gymnasien Tricoronatum (hervorgegangen aus der früheren Kuckanerbörse), Laurentianum und Montanum aufgeteilt worden. Die Verteilung wurde per Losentscheid geregelt. Nachdem die Gymnasien 1798 aufgelöst und im ehemaligen Jesuitenkolleg zu einer Zentralschule (École centrale) vereinigt worden waren, wurden der neuen Bibliothek deren Buchbestände übereignet. Ein Dekret des französischen Präfekten bestimmte, dass die Bestände aus zuvor aufgelösten Kölner Klöstern und Stiften gleichfalls der Bibliothek der Zentralschule hinzugefügt werden sollten. Etliches aus den alten Bibliotheken war jedoch verloren, vieles verkauft, makuliert oder nach Paris verbracht worden. Von geschätzten 80.000 Bänden fanden etwa 30.000 eine neue Heimstatt.
Die Gymnasialbibliothek im 19. und 20. Jahrhundert
Die Gymnasialbibliothek war die erste professionell geführte Bibliothek in der Stadt Köln. Der Bibliothekar Franz Ferdinand Pape (Dienstzeit 1824-1846) nahm 1824 eine Neuordnung der Bibliothek vor. Der Bestand umfasste 1833 etwa 33.000 Bände. 1871 erhielt die Bibliothek ein eigenes Gebäude am Gereonshof. Nach der 1884 erfolgten Vereinigung mit der Stadtbibliothek vergrößerte sich der Bestand auf etwa 40.000 Bände. Die Bestände der Gymnasialbibliothek bilden seit dieser Zeit ein dauerndes Depositum erst in der Stadt- und heute in der Universitäts- und Stadtbibliothek. 1897 wurde ein neues Gebäude am Gereonskloster errichtet, in welches die Stadtbibliothek und das Stadtarchiv einzogen. Es fiel die Entscheidung, eine Teilung der Druck- und Handschriften vorzunehmen. Folglich gelangten etwa 700 Handschriften und ca. 250 Fragmente in die Obhut des Stadtarchivs. Weitere Informationen zu den heute im Historischen Archiv der Stadt Köln befindlichen Handschriften siehe: Handschriftensammlungen.
Die Gynmasialbibliothek bildet gemeinsam mit der Bibliothek von Ferdinand Franz Wallraf und der Bibliothek des Kölner Rates (Syndikatsbibliothek) das Fundament der damaligen wissenschaftlichen Stadtbibliothek. Diese wurde 1920 mit der Bibliothek der Handelshochschule und der Bibliothek der Akademie für praktische Medizin zur Universitäts- und Stadtbibliothek vereinigt. 1934 fand schließlich auch die "Büchervereinigung" dieser bis dato getrennt aufgestellten Sammlungen im neuen Hauptgebäude der 1919 wiedereröffneten Universität statt. Durch rechtzeitige Auslagerungsmaßnahmen überstand die Sammlung den Zweiten Weltkrieg unbeschadet. Seit 1966 wird die Gymnasialbibliothek im besonders geschützten Teil des Magazins des Bibliotheksneubaus an der Kerpener Straße aufbewahrt. Die Einsichtnahme für Forschungszwecke erfolgt im Lesesaal Historische Sammlungen.
Die Gymnasialbibliothek gliedert sich in folgende Abteilungen
Abteilung
GBI
Allgemeine Enzyklopädie und Propädeutik
GBII
Klassische Philologie
GBIII
Kunst und Literatur
GBIV
Theologie
GBV
Jurisprudenz
GBVI
Politik
GBVII
Philosophie und Pädagogik
GBVIII
Mathematik (Mathesis)
GBIX
Medizin (seit 1934 in der Medinzinischen Abteilung; heute in der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin)
GBX
Scientia naturalis
GBXI
Geographie und Geschichte
GBXIV
Neuanschaffungen bzw. Ergänzungen
Der Gymnasial- und Stiftungsfonds
Der Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds blickt auf eine mehr als 200jährige Geschichte zurück. 1797 fiel die ehemals freie Reichsstadt Köln durch den Friedensschluss von Campo Formio an den französischen Staat. Im Gegensatz zu Frankreich wurde jedoch das Schul- und Stiftungsvermögen in den vier neuen linksrheinischen Départements (Köln gehörte zum Département de la Roer) nicht verstaatlicht. Das Kölner Schulvermögen wurde einer neu eingerichteten Unterrichtsverwaltung (Verwaltungskommission) übergeben. Die Form dieser juristischen Person blieb nach dem Übergang Kölns an den preußischen Staat (1815) erhalten. Es erfolgte jedoch eine Neuorganisation. Für den "Kölner Stiftungsfonds" wurde ein Verwaltungs- und Stiftungsrat eingesetzt. Als Bezeichnung setzte sich "Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds" durch. Für die Bibliothek ergab sich folglich die Bezeichnung "Gymnasialbibliothek". Im Auftrag des Gymnasial- und Stiftungsfonds erwirbt die USB weiterhin Bücher, um den Bestand dieser wertvollen Sammlung stetig zu erweitern und zu ergänzen.
ausgewählte Literatur
Bildung stiften: Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds. Köln, 2000, darin insbesondere: Schmitz, Wolfgang: Die Kölner Gymnasialbibliothek, S. 84-93, Signatur: 26A9155
Röhrig, Hans-Hermann: Reste alter Bibliotheken in der theologischen Abteilung der Kölner Gymnasialbibliothek. Köln, 1957, Signatur: RHFOL2153
Blum, Hans: Die Kölner Gymnasialbibliothek, in: Tricoronatum. Festschrift zur 400-Jahr-Feier des Dreikönigsgymnasiums. Köln, 1952, S. 122-125. Signatur: RHP107